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Die Mollwerke, der Mollwagen und das Mollmobil.

Das Museum für Sächsische Fahrzeuge in Chemnitz hat zwei Videos ins Internet gestellt, a) eine allgemeine Beschreibung der Firma und der Produktionspalette und b) eine spezielle Beschreibung des Mollmobils:

Seit 1898 war eine rasche Zunahme der Automobilproduktion zu erkennen. Um 1910 erschienen immer mehr Kleinstfahrzeuge, die sogenannten Cyclecars. Man spricht von einem regelrechten Boom vor dem Ersten Weltkrieg. Cyclecars wurden zumeist von Einzylindermotoren angetrieben. Oft waren diese Motoren luftgekühlt und ursprünglich für Motorräder bestimmt, von denen auch andere Komponenten wie Getriebe übernommen wurden. Das Cyclecar steht zwischen Motorrad und Automobil und war mit leichten Aufbauten ausgestattet, in denen häufig zwei Passagiere hintereinander sitzen konnten. Komfort und Wetterschutz waren minimal. Es gab verschiedene Konstruktionen und Antriebsarten, z. B. Dreiräder, Riemen- oder Kettenantrieb, oft nur auf ein Rad, damit man kein Differenzial brauchte. Das Erscheinen der Cyclecars war eine Reaktion auf die geringeren Kraftfahrzeugsteuern und Zulassungsgebühren für leichte, schwach motorisierte Automobile.    

Die Firma Moll wurde am 24.8.1916 mit Wirkung ab 1.10.1916 gegründet und am 30.11.1916 in Wolkenstein eingetragen, wobei die damalige Gesellschaftsform nicht bekannt ist.  Die Firma besaß im Laufe der Zeit neben Chemnitz-Ebersdorf noch weitere Standorte im heutigen Drebacher Ortsteil Scharfenstein, in Tannenberg und in Oberlichtenau bei Chemnitz. Der Sitz der Gesellschaft befand sich bis 1921 in Scharfenstein und wechselte danach nach Chemnitz-Ebersdorf. Nachdem die Firma Michaelis in der Chemnitzer Uferstraße ihren Betrieb eingestellt hatte, übernahmen die Moll-Werke das dortige Betriebsgelände als Nebenwerk. In diesem Nebenwerk produzierte Moll einzelne Fahrzeugteile, Zahnräder und Getriebe. Dieser Industriekomplex blieb damit bis zuletzt immer auf irgendeine Art dem Fahrzeugbau treu. Unklar ist, ob die Firma aufgrund der Aufnahme der Automobilfertigung expandierte oder schon vorher. 1920/21 wechselte auch die Annaberger Knopffabrik Seeliger & Co.  zu Moll.     Hergestellt wurden von Moll u.a. eiserne Transportfässer, Transportgeräte, schmiedeeiserne Radiatoren, Metallknöpfe, wobei Moll sogar als größte Fassfabrik Europas galt.. Ein weiteres starkes Standbein war die Produktion von Sauerstoff und Acetylen. Auch von Haushaltsgeräten, Rasieren und Rasierklingen wurde geschrieben.     Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs beschloss man, die Produktion von Autos aufzunehmen. Dazu wurde in Chemnitz-Ebersdorf ein komplett neues Montagewerk in der bis dahin als Kaserne und Gefangenenlager genutzten Einrichtung und im Oberlichtenauer ehemaligen Königlich-Sächsischen-Artilleriedepot eine Karosseriefabrik errichtet.     1922 begann die Produktion.     

Am Sonntag, dem 11. Juni 1922, veranstaltete der Allgemeine Deutsche Automobil Club (ADAC), der am Vortag mit einem Motorradrennen seinen Einstand als Rennveranstalter gab, ein Rennen für Automobile auf der AVUS in Berlin. Von diesem Kleinwagenrennen ist überliefert, dass als Neuerscheinung auch drei Mollwagen mit an den Start gingen! (Wobei noch offen ist, ob es Mollwagen oder Mollmobile waren)  1924 soll Moll ca. 1.000 Beschäftigte gezählt haben. 1923 wurde das Annaberger Werk abgespalten und unter der Firma Ras-Werke GmbH weitergeführt. Anfang der 1920er-Jahre waren die Tage der Cyclecars schon wieder gezählt. Massenhersteller wie Ford konnten die Verkaufspreise ihrer Autos so weit senken, dass sie unter denen der üblicherweise kleinen Cyclecar-Hersteller lagen.  Der Cyclecar-Boom war vorbei. Die meisten Cyclecar-Hersteller schlossen ihre Tore. 1925 mussten die Mollwerke - wohl in Folge der wirtschaftlichen Schwierigkeiten aufgrund der nahenden Weltwirtschaftskrise - Konkurs anmelden. Über das Vermögen der Gesellschaft wurde am 26.6.1925 das Konkursverfahren eröffnet. 1926 übernahm zunächst die Berliner Firma Borcharding & Co., eine Autohandelsfirma, und ließ aus den restlichen Lagerbeständen noch „einige Dutzend“ Mollmobile zusammen. Die Zschopauer Motorenwerke J.S. Rasmussen AG in Zschopau war zur gleichen Zeit bemüht, unter seiner Marke DKW einen Kleinwagen zu entwickeln, und fand in der Konkursmasse von Moll den idealen Erfahrungsschatz aus der Entwicklung und der Produktion von Fahrzeugen.  1927 brachte DKW dann seinem ersten Kleinwagen Typ P auf den Markt, der in den ebenfalls aus einer Konkursmasse übernommenen ehemaligen Berliner Automobilwerken Slaby-Behringer - fortan DKW-Niederlassung Berlin-Spandau - gefertigt wurde. Und auch in Scharfenstein gelangte man später zu Bekanntheit und Ruhm: 1931 verselbständigte sich die der Standort im Zuge der Entflechtung der Auto-Union zur Deutschen Kühl- und Kraftmaschinen GmbH (DKK) und wurde zum großen Kühlschrankhersteller.  

Somit haben bekannte Namen wie DKW, dkk und FORON letztlich eine Ihrer Wurzeln in der Firma Moll!        

Der Mollwagen      

Foto: Sammlung Lorenz

Foto: Sammlung Lorenz

Im Sommer 2016 war ein sensationeller fotografischer Neuzugang bei den Ebersdorfer Ortsgeschichtsakten zu verzeichnen: das nunmehr einzig bekannte klare und scharfe Foto eines Mollwagens!

 

Foto: Sammlung Lorenz

Foto: Sammlung Lorenz

 März 2017: es konnte eine zweite Fotografie eines Mollwagens erworben werden,
hier am 12. April 1925 in der Schlaubemühle.

 

Mollwagen
Mollwagen

 

Das Mollmobil  

Mollmobil

Foto: Sammlung Lorenz

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